Kartografie des Schauens

Der Zyklus „Kartografie des Schauens“ von Rémy Trevisan

Bei Trevisans Zyklus „Kartografie des Schauens“ handelt es sich um Zeichnungen, die täglich im Anschluss an buddhistische Meditationsübungen entstehen. Diese Bilder entsprechen also inneren Bildern, die ohne äußeren Anlass und ohne persönliches Ausdrucksziel gesehen und danach als bildnerisches Protokoll notiert werden. Zwar folgt das Zeichnen einer bildnerischen Logik, aber die Motive werden von Künstler nicht beeinflusst, nicht hinterfragt und so weit es geht nicht manipuliert. Der als Buddhist lebende und praktizierende Künstler sieht es nicht als seine Aufgabe, die im Kontakt mit der „geistigen Welt“ geschauten Bilder zu verändern und in eine konventionelle Lesbarkeit zu übersetzen. An dieser Bildvorstellung, die über Asien nach Europa kommt, ist heute interessant, dass sie den rationalistischen Bildbegriff, nach dem der Künstler Herr über seine Werke ist, in Frage stellt. Offenbar ist es außerhalb der westlichen Tradition problemlos vorstellbar, dass „höhere Wesen befehlen, die linke obere Ecke schwarz zu malen“.

Text: Dr. Joachim Penzel