Rede im Kunstverein Mittleres Kinzigtal

Rede im Kunstverein Mittleres Kinzigtal
anläßlich der Vemissage in der Schloßhalle Wolfach 1998
Von Franz-Josef van der Grinten

Ein Kunstwerk entsteht durch Substanzumwandlung. Materie in ihrer Beliebigkeit, mag sie sich im Einzelnen auch durch eigene Reize empfehlen, wandelt sich durch den Geist, der sie in seinen Dienst nimmt, zur Form, zu einem Gebilde, das zwar die Stofflichkeiten nicht verleugnet, ihnen aber einen Stellenwert in einem Erzeugnis von eigener Prägung zuweist, in geordnetem Zusammenhang, in Gewichtungen, die dem Ganzen sein unwägbares, aber durchaus zu spürendes Gewicht geben. Gewicht und Spannung: Richtungen, die sich kreuzen und einander aufheben, Ponderationen, die Balance. In der Form manifestiert die Materie Kraft, eine, die über sich hinausweist, eine wirklich sublimierte:Kunst ist so etwas wie Alchemie. Der Geist wird evoziert, er wird ins Gegenwärtigsein gebannt. Er ist da, wortlos wirkt er aus der Form.

Bei Remy Trevisan ist er ein freundlich, nachdenklicher. Er sagt nicht etwas Bestimmtes, Festlegung wäre Beschränkung und Parolen würden ihn profanieren. Er ist die Botschaft selbst, ohne Kommentar. Der Duktus offenbart sein Wesen. Er gibt sich nicht streng und starr, sondern löst sieh ins Fliessen. Und ganz an die Oberfläche bringend, gibt er doch seine Tiefe preis.

Formbewegungen über die Fläche hin, nicht deckend, nicht unisono, sondern wachsende Stellen, die sich überlagern, in Farbwechsel transparent erscheinend und Stränge, die sich zwischen ihnen über und unter ihnen hindurchziehen. Ein offenes Geflecht, in dem Schicht über Schicht diese amorph schwellenden Körper ihren Halt und die Richtung ihrer sanften Bewegung finden. Ein weiter Blick, der zugleich ein eindringender ist, groß und klein hebt sich ineinander auf: Die Bewegung im All und das Leben in Tropfen. Makrokosmos und Mikrokosmos erkennen einander wie in einem Spiegel. Und geschieht dies spielerisch, so ist dieses Spiel in aller Freundlichkeit, ein Ernstes. Als Gleichnis spielt es uns das Leben.

Text: Franz-Josef van der Grinten